Wir sind die Zukunft... | ||
Willkommen! Aktuelles jetzt bei www.jubis-bremen.de Fotos Was geht? Nachgefragt Geht doch! Deine Welt/Projekte Deine Rechte Jugendhaus/Initiative Beirat und Ortsamt Newsletter |
Zwölf populäre Irrtümer über die KinderrechteZwölf populäre Irrtümer über die Kinderrechte
Inhaltsverzeichnis
Irrtum Nummer Zwei Irrtum Nummer Drei Irrtum Nummer Vier Irrtum Nummer Fünf Irrtum Nummer Sechs Irrtum Nummer Sieben Irrtum Nummer Acht Irrtum Nummer Neun Irrtum Nummer Zehn Irrtum Nummer Elf Irrtum Nummer Zwölf Irrtum Nummer Eins »Kinderrechte verhalten sich zu Menschenrechten wie Kinder zu Erwachsenen: klein, niedlich, harmlos, nicht ernst zu nehmen«. Kinderrechte sind Menschenrechte. Diese simple Aussage ist sehr wesentlich: Zu den elementaren Rechten des Menschen gehört es, Kind zu sein und Kinder großzuziehen. Die Welt ist derzeit nicht so organisiert, dass für alle Kinder die Mindestbedingungen für eine erfolgreiche kindliche Entwicklung garantiert sind – im Gegenteil, vielen Millionen Kindern wird täglich bitteres Unrecht zugefügt. Die UN-Kinderrechtskonvention kann so als Katalog des Versagens gelesen werden, gleichzeitig aber auch als Vision für eine kindgerechte Welt. Die Kinderrechte sind für diese Vision der weltweit anerkannte Maßstab. Damit aus den papiernen Rechten gelebte Rechte werden, ist der Einsatz vieler Einzelner notwendig. Dieser Kampf um die Menschenrechte der Kinder hat gerade erst begonnen. Und er ist genauso ernsthaft, schwierig, hürdenreich und politisch brisant wie jeder andere Einsatz für den Schutz der Schwachen vor den Mächtigen. Irrtum Nummer Zwei »Kinderrechte sind nur für Kinder wichtig.« Die zentrale Botschaft der UN-Kinderrechtskonvention ist: Kinder sind Menschen, die von Geburt an Rechte haben. Sie dürfen ihnen von niemandem streitig gemacht werden! Und: Kinder befinden sich in einer speziellen Situation ihres Menschseins, sie ist geprägt durch ständige persönliche Veränderungen und Entwicklungsphasen. Zur Ermöglichung und Förderung dieser Entwicklung benötigen sie auf diese Phasen zugeschnittene Lebensbedingungen; sie haben darauf einen Rechtsanspruch! Verantwortlich für die Schaffung dieser Mindestbedingungen sind alle Erwachsenen. Der Staat muss dafür sorgen, dass die Erwachsenen diese Pflichten erfüllen – und dies auch können. Dazu gehört z.B. die Übernahme der Verantwortung für Kinder, die Berücksichtigung der speziellen Kinderinteressen bei Entscheidungen, die Finanzierung von entwicklungsfördernden Einrichtungen. Aber auch der Abschied von Vorurteilen über Kinder kann zur Verwirklichung der Kinderrechte notwendig sein. Irrtum Nummer Drei »Wenn Kinder Rechte haben, müssen sie auch Plichten erfüllen.« Eine sehr weit verbreitete Auffassung, der ein begrifflicher Irrtum zu Grunde liegt. Unrecht und Recht sind das Gegensatzpaar bei den Menschenrechten. Von den Pflichten des Menschen ist in diesem Dokument nicht die Rede. Die Staatengemeinschaft hat die UN-Kinderrechtskonvention beschlossen, damit Kindern nicht fortgesetzt und straflos Unrecht zugefügt wird. Sie ist der universale Maßstab der Menschenrechte für Kinder. Die Konvention ist kein Vertrag zwischen Kindern und Erwachsenen, sondern zwischen Staaten. Wäre die These richtig, könnten die Kinderrechte bei Nichterfüllung der Pflichten wieder aberkannt werden. Dies würde dem Charakter von Menschenrechten widersprechen. Selbstverständlich müssen Kinder an die Übernahme von Verantwortung und Pflichten herangeführt werden. Dies gehört zu ihrem Entwicklungsprozess. Die Gestaltung und altersangepasste Umsetzung liegt in den Händen der für die Kinder verantwortlichen Erwachsenen. Die UN-Kinderrechtskonvention respektiert und fördert diese Aufgabe der Eltern oder anderer für das Wohlergehen der Kinder Zuständigen. Irrtum Nummer Vier »Die Kinderrechte sind für die Kinder der Dritten Welt gemacht, unseren Kindern geht es gut, die brauchen sie nicht – denn in Deutschland ist alles in Ordnung«. Eine Argumentationslinie, die gern in verschiedenen Varianten von Politikern und Regierungsangehörigen benutzt wird. Besonders deutlich zeigte sie sich in der Haltung der Bundesregierung in den 80er Jahren bei den UN-Verhandlungen. Sie vertrat die Auffassung: Deutsche Kinder in der Bundesrepublik seien bereits perfekt geschützt, die Konvention für Deutschland also eigentlich überflüssig. Tatsächlich hat die Regierung zu Beginn der Verhandlungen die Idee einer UN-Kinderrechtskonvention auch im Prinzip abgelehnt. Schon ein Blick ins Grundgesetz hätte ausgereicht, um die Defizite aufzudecken: Kinder kommen nur in einem einzigen Artikel als Anhängsel der Familie vor, von speziellen Rechten der Kinder in ihren besonderen Lebenslagen ist keine Rede. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass auch Deutschland große Defizite hat. Der berüchtigte »Vorbehalt« gegen Artikel 22 der UN-Kinderrechtskonvention legt fest, dass Flüchtlingskinder mit Erreichung des 16. Lebensjahres ihre Rechte verlieren und sie von Amts wegen diskriminiert werden dürfen. Auch bei deutschen Kindern gibt es Probleme: So fehlen wesentliche gesetzliche Regelungen für die zwangsweise Unterbringung von Kindern außerhalb der Familien und des Jugendstrafvollzugs; für die Verwirklichung des Rechts auf Partizipation gibt es viel Goodwill und Ideen, aber noch keine Konzepte, die alle Kinder erreichen. Irrtum Nummer Fünf »Kinderrechte kosten nichts«. Leider glauben viele Regierungen, dass die Kinderrechte kostenlos sind. Das Gegenteil ist richtig: Die Konvention garantiert allen Kindern staatliche Dienstleistungen: Schulbildung, Gesundheitsversorgung, Schutz vor Ausbeutung und Missbrauch, Registrierung und Beteiligung am gesellschaftlichen Leben. Und sie geht noch weiter: Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen zur Verwirklichung der in diesem Übereinkommen anerkannten Rechte. Hinsichtlich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte treffen die Vertragsstaaten derartige Maßnahmen unter Ausschöpfung ihrer verfügbaren Mittel und erforderlichenfalls im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit (Artikel 4 der UN-Kinderrechtskonvention). Dabei ist die deutsche Übersetzung noch entschärft. Die englische Fassung verlangt die größtmögliche Ausschöpfung aller verfügbaren Ressourcen des Staates für die Umsetzung der Rechte der Kinder. Die Staaten verpflichten sich in der Konvention zu Dienstleistungen für alle Kinder, und zwar mit der höchsten Priorität der staatlichen Aufgaben. Irrtum Nummer Sechs »Es hätte gereicht, den Schutz der Kinder gegen Missbrauch, Ausbeutung und im Krieg zu verbessern. Alle anderen Bestimmungen sind überflüssig«. Im Gegenteil: Der ganzheitliche Ansatz der UN-Kinderrechtskonvention ist ein großer Fortschritt, übrigens auch im Vergleich zu anderen UN-Dokumenten. Die Schutzbestimmungen sind notwendig, aber sie allein sind bei weitem nicht ausreichend, um allen Kindern zu ihrem Recht auf eine kindgerechte Entwicklung zu verhelfen. Die UN-Kinderrechtskonvention hingegen stellt alle wesentlichen Problembereiche in einen Gesamtzusammenhang. Es sind dies die »vier großen Ps« – nach englischer Schreibweise: Prinzipien: Altersregelung, Recht auf Leben, Recht auf Identität Protektion (Schutz): Schutz vor Ausbeutung, Misshandlung, sexuellem Missbrauch, Recht auf Schutz im Krieg und in bewaffneten Konflikten Provision (Versorgung): Kinder haben Anspruch auf Leistungen durch die Eltern (Lebensunterhalt) und den Staat (Bildung, Gesundheit, Unterhalt bei fehlenden Eltern oder wenn diese nicht in der Lage sind, die Kinder zu versorgen) Partizipation: Kinder haben einen Anspruch auf Teilhabe an ihrer Gesellschaft, sie haben das Recht auf freie Meinungsäußerung, sie haben das Recht, gehört zu werden, und das Recht, sich zur Durchsetzung ihrer Interessen zusammenzuschließen. Irrtum Nummer Sieben »Die UN-Kinderrechtskonvention ist in jeder Hinsicht perfekt und unveränderbar«. Die 1989 verabschiedete Konvention ist wie alle zwischenstaatlichen Verträge ein Produkt von Verhandlungen und Kompromissen. Sie ist das Beste, was damals erreichbar war und hat ihre Bewährungsprobe in vielen Bereichen bereits bestanden. 191 Staaten haben sie ratifiziert, die Kinderrechtskonvention wurde zur erfolgreichsten UNO-Konvention. Trotz dieser Erfolgsgeschichte hat sie eine große Anzahl von Mängeln: Die Regelung zur Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten verlangt eine niedrigere Altersgrenze als die in Artikel 1 festgelegten 18 Jahre – ein besonders entscheidendes Defizit der UN-Konvention. Die UN-Konvention enthält sehr oft »weiche«, interpretationsfähige Bestimmungen – Empfehlungen statt Rechte. Es gibt keine Klagemöglichkeiten auf internationaler Ebene. Eine Anzahl von Staaten hat Vorbehalte gegen einzelne Bestimmungen eingereicht, damit ernten sie zwar das Renommee der Ratifikation, aber die Konvention muss nicht vollständig verwirklicht werden – zum Schaden der Kinder. Die UN-Konvention kann aber verbessert werden. Das entscheidende Instrument heißt »Zusatz- oder Fakultativprotokoll«. Mehrere dieser Zusatzprotokolle sind in Kraft: Kindersoldaten werden durch das »Fakultativprotokoll über die Beteiligung von Kindern in bewaffneten Konflikten« sehr viel besser geschützt und die Altersgrenze ist angehoben. Sexueller Missbrauch von Kindern wird durch ein entsprechendes Zusatzprotokoll, das »Fakultativprotokoll über den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie«, stärker unter Strafe gestellt. Und in Den Haag wurde ein Vertrag ausgehandelt, der die Adoption von Kindern ins Ausland strenger regelt. Nachteil aller dieser Zusatzprotokolle: Sie sind eigenständige Verträge, die wiederum von den Staaten einzeln ratifiziert werden müssen. Irrtum Nummer Acht »Das Gute an den Kinderrechten ist, dass Kinder sie nicht einklagen können«. Das ist nichts Gutes, sondern ein wesentlicher Mangel. Es ist dringend, dieses Problem anzugehen. Notwendig wäre eine Möglichkeit der Individualbeschwerde bei den Vereinten Nationen, wie sie bei anderen Konventionen bereits existiert und wie sie jetzt auch von Nichtregierungsorganisationen für die UN-Kinderrechtskonvention gefordert wird. Irrtum Nummer Neun »Millionen Kindern auf der Welt geht es elend und schlecht. Dies ist der Beweis, dass die Konvention nichts nützt, überflüssig und nur eine PR-Aktion der UNO ist«. Es stimmt – obwohl seit der Verabschiedung der UN-Konvention bereits mehr als ein Dutzend Jahre vergangen sind, müssen hunderte von Millionen Kinder und Jugendliche unter ausbeuterischen Bedingungen arbeiten, sterben noch immer Millionen Kinder an Hunger und vermeidbaren Krankheiten, müssen hunderttausende im Krieg kämpfen. Allen diesen Kindern geschieht bitteres Unrecht – aber die Konvention ist nicht für diesen Misserfolg verantwortlich. Ein Blick auf andere Rechtsgebiete zeigt den Fehlschluss in der Argumentation: Niemand verlangt die Streichung des Mordparagraphen wegen Erfolglosigkeit aus dem Strafgesetzbuch, obwohl täglich Morde geschehen. Nicht die Konvention hat versagt, sondern die, die für die Realisierung verantwortlich sind. Irrtum Nummer Zehn »Die UN-Konvention soll der UNO ermöglichen, den Familien die Kinder wegzunehmen«. Kein Irrtum, sondern eine bewusst lancierte Falschmeldung, wie sie in den USA zur Diskreditierung der UNO eingesetzt wird. Verleumdungskampagnen von einflussreichen fundamentalistischen Kreisen haben dazu geführt, dass die USA die Konvention nicht nur nicht ratifizieren, sondern aktiv bekämpfen. Irrtum Nummer Elf »New York und die UNO sind weit weg, das ist für uns hier doch nicht wichtig. Außerdem kann man doch nichts positiv verändern«. Zunächst einmal: Deutschland ist UN-Mitgliedsstaat und hat die Konvention ratifiziert. Damit hat die Konvention auch bei uns Gültigkeit. Politisch ist sie ein wesentliches Instrument zur Veränderung und Verbesserung der Lebenssituation von Kindern. Außerdem ist die Verwirklichung der UN-Kinderrechtskonvention eine Aufgabe, für die alle verantwortlich sind. Die Regierungen haben zu handeln, aber die Bürgerinnen und Bürger müssen die Regierungen zum Handeln drängen. Hier haben auch Nichtregierungsorganisationen wie terre des hommes eine wichtige Aufgabe. Denn die Konvention ist zwar ein Gesetz, aber ebenso ein politisches Programm, dessen Verwirklichung erkämpft werden muss. Und es gibt Erfolge: Durch Lobbyarbeit und Vernetzung wurde die Konvention in Deutschland bekannt, die Zusatzprotokolle wurden verabschiedet – aber leider noch nicht ratifiziert! Irrtum Nummer Zwölf »Die UN-Kinderrechtskonvention ist in einer völlig unverständlichen Sprache geschrieben«. Dieser Irrtum enthält leider ein Körnchen Wahrheit. Aber – es gibt Bearbeitungen der Konvention, die richtig spannend zu lesen sind – für Kinder und Jugendliche, aber auch für Erwachsene. Zum Beispiel das Buch »Die Rechte der Kinder« von terre des hommes (Bestellung sind über den terre des hommes-Onlineshop möglich). Damit bekommt man einen guten Überblick. Allerdings: Wer es genau wissen will, kommt um das Original nicht herum. Copyright 2004-2006 terre des hommes Deutschland e.V. Kontakt - Impressum/Datenschutz Hosting sponsored by BOGS Marketing & IT GmbH |