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WK 12. März 2009


Initiativgruppe macht mobil gegen rechtsextreme Strukturen im Stephaniviertel
Von Chris Ruschin

Altstadt. Rechtsextreme Strukturen im Stephaniviertel? Die bestehen schon, ließen die Redner der Versammlung in der Stephani-Gemeinde in der vergangenen Woche verlauten, und der Laden "Sportsfreund" in der Faulenstraße sei ein Teil davon.

Unterstützt vom Beirat Mitte, rufen die Kampagne "Ladenschluss", mehrere Initiativen gegen Rechts, Pastor Friedrich Scherrer und ein Zeitzeuge des Naziregimes dazu auf, gegen den Laden zu protestieren - am Sonnabend, 14. März. Treffpunkt ist um 12 Uhr der Goetheplatz. Laut "Pro aktiv gegen rechts", der Beratungsstelle der Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales, ist der Laden "Sportsfreund" der rechtsextremen Szene zuzurechnen. "Von außen sieht das ganz freundlich aus, von innen auch", beschrieb Carsten Neumann vom Verein "Standpunkt Bremen" den Laden. Er war wie Andrea Müller vom Bildungszentrums Lidice-Haus, ein Hamburger Vertreter der Antifa und ein Zeitzeuge des Hitlerregimes als Sprecher zu der Veranstaltung eingeladen worden.

Im "Sportsfreund" seien Artikel wie Nahrungsmittel, Kleidung und Kampfsportartikel zu erwerben, erläuterte Neumann den knapp 50 Besuchern. Er zitierte aus der Internetseite des Betreibers Marten Ostendorf, auf der dieser sich von einer Ware mit rassistischen oder Nazi-Symbolen distanziert. Neumann wies auf T-Shirts mit einem Tarnmuster hin, "das von der SS verwendet wurde". Die Marken des Ladens alles solche, die von Unternehmen aus dem Umfeld der Hooligan- und Neonaziszene produziert werden, kannte Neumann. Der Vortragende ging auf die kulturelle Überzeugungsarbeit durch Kleidung oder Musik ein: "Heute treten Neonazis nicht mehr nur über Flugblätter und Parteiveranstaltungen an, vieles geschieht auch über Kultur", verdeutlichte er. In diesem Kontext sprach Neumann die Band "Kategorie C" an, die der Neonazi-Szene zugeschrieben wird und deren Produkte in dem Laden vertrieben werden. Die Gruppe hat laut Neumann dort auch schon Autogrammstunden gegeben. Dass die Szene immer häufiger in

die Öffentlichkeit tritt, ist nach Neumann eine neue Entwicklung, zu der auch der Ladenbetrieb zählt: "Es gab bisher keine Läden, in denen sie ihren Geschäften nachgegangen sind."

Neumann blieb bei seinen Ausführungen nicht nur beim Laden "Sportsfreund", sondern ging auch auf Kneipen mit entsprechendem Hintergrund und den Zuzug einiger als rechtsextrem geltender Personen ins Stephaniviertel ein, das sich nach seinen Einschätzungen immer mehr zum Schwerpunkt der Szene in Bremen entwickelt.

"Mir ist unbegreiflich, dass es heute wieder Menschen gibt, die mit diesen Parolen Leute einfangen wollen", kommentierte der Anwohner des Stephaniviertels, der als Zeitzeuge alte Erinnerungen an die durch die NS-Herrschaft verursachten Manipulationen, Restriktionen und Entbehrungen Revue passieren ließ.

Aus der jüngeren Vergangenheit, nämlich der erfolgreichen Kampagne gegen einen Laden mit rechten Marken in Hamburg, berichtete der Hamburger Referent der Antifa. Im vergangenen Herbst hatte sich in der viel besuchten HSH Nordbankpassage ein Geschäft eingerichtet, das Artikel der Marke "Thor Steinar" geführt hat. Neben täglichen Kundgebungen und der Flugblattverteilung habe die Gruppe auch den Vermieter des Ladens, die HSH Nordbank, angesprochen. "Die waren erschrocken", so der Referent. Drei Wochen später sei die Vertragsauflösung "eingetütet" gewesen.

Anders reagierte Andrea Müller zufolge Michael Grothe, der Vermieter des Ladens "Sportsfreund". Der sehe zur Kündigung keine Veranlassung. Grothe wollte sich auf Nachfrage unserer Zeitung nicht äußern. Auch Marten Ostendorf, "Sportsfreund"-Inhaber, lehnte einen Kommentar ab.

Pastor Friedrich Scherrer war zufrieden mit der anschließenden Ideensammlung, wie gegen den Laden vorgegangen werden könnte. Sie sollen beim nächsten Treffen der Initiativgruppe ausgewertet werden, das am Mittwoch, 25. März, um 19.30 Uhr im Gemeindezentrum, Stephanikirchof 8, ist.